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Ma-ma, Pa-pa

Man hat mich schon immer ein wenig überschätzt. Das begann bereits, als ich kurz nach meiner Geburt zweimal stimmhaft ausatmend den Mund öffnete und diesem dabei zwangsläufig ein „ma-ma“ entwich.
Erstaunt blickte die Hebamme, die mich gerade säuberte, auf mich herab und gleich darauf irgendwie schuldbewusst auf meine Mutter, die nebenan, von der Geburt erschöpft, in den Laken lag.
„Hier herüben“, hauchte meine Mutter, „hier ist deine Mama!“
Von nun an wusste ich, wer meine sogenannte Mama war, ohne zu ahnen, welche Bedeutung sie für mich einmal haben würde.
Voller Verwunderung beugte sich der alte Chefarzt, der mich herausgeholt hatte, über mich. Ein Haar löste sich aus seinen buschigen Augenbrauen und landete auf meiner Unterlippe.
Abwehrend presste ich die Lippen zusammen und versuchte, das Haar hinweg zu pusten.
Das klang wie „pa-pa“. Mehrmals musste ich pusten, und sogleich jubelte die Hebamme, ich sei etwas ganz Außergewöhnliches, ich sei ein Kind, das schon gleich nach der Geburt „Mama“ und unverdrossen mehrmals hintereinander „Papa“ sagen könne, was sie noch nie erlebt habe.
Der Chefarzt zuckte zurück und meinte etwas säuerlich, der Vater sei er ja nun nicht gerade. Er wies hinüber zu einem Herrn, der leichenblass auf einem Stuhl hing.
„Dort drüben“, hauchte meine Mutter, „dort ist dein Vater.“
Klar, dass ich sofort verstand, das sei mein sogenannter Papa, und mir schwante schon, dass seine Ohnmacht mir und meiner Mama gegenüber nicht so schnell ein Ende haben würde.

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